ETAPPEN DER INNOVATION - GESCHICHTE DES SAMMELSCHIENENSCHUTZES

Die Entwicklung des Sammelschienenschutzes umfangreich erklärt von Walter Schossig.

von W. Schossig Datum 12.11.2019

Spezialschutz

Dem Schutz der Sammelschiene wurde zunächst keine besondere Bedeutung beigemessen. SS-Fehler wurden durch den Schutz in der Generator- oder Transformatoreinspeisung erfasst. Die Abschaltung war mit hohen Zeiten verbunden, was sich bald als Problem für die Stabilität der Generatoren bzw. des Netzes herausstellte und mit großen Schäden in der Anlage verbunden war. 

Die ersten Sammelschienen-Differentialrelais arbeiteten nach dem in Abb. 1 dargestellten Prinzip [1]. Diese an sich einfache Schaltung – man brauchte nur ein Überstromrelais ohne Zeitglied – hatte jedoch einige schwerwiegende Mängel, die den Nutzen eines derartigen Schutzes infrage stellten und lange den Betriebsmann abgeschreckt haben, den Schutz einzubauen: 

  • Die direkte sekundärseitige Zusammenschaltung der Stromwandler führte zu Schwierigkeiten bei Änderung der Anlage, bei Bauarbeiten, Prüfung von Relais usw. 
  • Es fehlte eine wirksame Stabilisierung bei außen liegenden Fehlern. 
  • Die Anwendbarkeit war auf Einfach-Sammelschienensysteme beschränkt, da ein Umschalten der Stromwandler-Sekundärkreise während des Betriebes wegen der dabei u.U. auftretenden hohen Spannungen praktisch unmöglich ist. Außerdem sind Kontakte im Hauptstrompfad grundsätzlich unerwünscht. 
  • Die Anordnung erfordert im Drehstromnetz drei voneinander unabhängige Differentialkreise für eine Einfachsammelschiene und ist somit verhältnismäßig aufwendig.

M. Schleicher, Siemens, beschreibt 1926 für Höchstspannungsanlagen unter Nutzung der vorhandenen Stabwandler oder in den Ölschalter eingebaute Ringkerne die Schaltung gemäß Abb. 2 vor [2]

Abb. 1 Prinzip des SS-Schutzes
H  Hauptwandler            D  Differentialrelais

Abb. 2 Sammelschienenschutz, Siemens, 1926

Das für alle Differentialschutzschaltungen geeignete hochempfindliche Stromrelais für Differentialschaltungen aller Art von Siemens zeigt Abb. 3. Es besitzt ein Dreheisenmesswerk mit einer Schaltleistung von 10 VA, bei einem Eigenverbrauch von 0,1 VA bei 1 A und einer Eigenzeit von etwa 0,1 s.

Abb. 3 Empfindliches Stromrelais für Diff.-Schaltungen, Siemens, 1926

Abb. 4 Differentialschutz CA-6, Westinghouse, 1939

Bereits 1939 beschreiben R.M. Smith und W.K. Sonnemann, Westinghouse, und G.B. Dodds, DLC (US), eine Anwendungsmöglichkeit von Quotienten-Differentialrelais als schnell wirkenden Sammelschienenschutz und geben an Hand zahlreicher Oszillogramme die Ergebnisse ausführlicher Kurzschlussversuche bekannt. Die Auswertung und Diskussion ergab, dass der SS-Schutz in erster Linie eine Stromwandler- und nicht eine Relaisfrage ist. Würden nämlich die Wandler in allen Fällen gleich arbeiten, so genügten für den SS-Diff.-Schutz einfache unverzögerte Überstromrelais, wie oben beschrieben. Praktisch musste man aber mit erheblichen Fehlern der Stromwandler rechnen, die sich auch nur unwesentlich verringern ließen, wenn man mit dem Aufwand an Eisen und Kupfer weit über das praktisch und wirtschaftlich vertretbare Maß hinausginge. Diese Fehler rührten neben dem Einfluss der Wechselstromsättigung vor allem von der zusätzlichen Magnetisierung durch das überlagerte Gleichstromglied her. Bei Kurzschlüssen außerhalb der SS, für die die Differenz der zu- und abfließenden Ströme primärseitig stets genau gleich null ist, fließen sekundärseitig erhebliche Falschströme, die zu Fehlauslösungen führen. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn in der Wandlergruppe der fehlerbehafteten Leitung ein sehr hoher Kurzschlussstrom fließt, der durch eine größere Anzahl anderer Leitungen mit nur verhältnismäßig geringen Einzelanteilen gespeist wird. In diesem Falle arbeiten alle Wandler der gesunden Leitungen auf gänzlich anderen Punkten ihrer Kennlinien als diejenigen des kranken Abganges. Es wurde deshalb auf die vom Transformatorschutz her bekannte Lösung Quotienten-Differentialschutz mit Haltesystem zurückgegriffen. Beim SS-Schutz ergaben sich jedoch dadurch zusätzliche Schwierigkeiten, dass eigentlich jedem Abgang ein eigenes Haltesystem im Relais zugeordnet sein müsste, was sich schon aus konstruktiven Gründen nicht ermöglichen lässt. Es wurden deshalb mehrere Quotienten-Diff.-Relais mit höchstens drei Haltesystemen vorgeschlagen, deren Auslösewicklungen ebenso wie ihre Kontakte in Reihe geschaltet sind – Abb. 4. Für Leitungen mit besonders großem Unterschied zwischen kleinstem und größtem Kurzschlussstrom wurden Diff.-Relais mit stromabhängigen Ansprechquotienten empfohlen. Zur Begrenzung des Falschstromes im Auslösepfad wurden zusätzliche Sperrwiderstände in den Diff.-Kreis gelegt, die jedoch nicht zu hochohmig sein durften, um nicht das Arbeiten des Schutzes bei Fehlern auf der zu schützenden SS zu behindern. Des Weiteren wurde ein neues Quotienten-Diff.-Relais beschrieben, dessen drei Haltesysteme mit je zwei gleichen Wicklungen versehen sind. Die Schaltung ist derartig, dass immer eine Spule des einen Haltesystems mit der zweiten Spule eines anderen Haltesystems erregt, auch wenn nur ein einziger Haltepfad Strom führt. Auf diese Weise wurde eine erhöhte Sicherheit gegen Fehlauslösungen erreicht. Die vorgenommenen Kurzschlussversuche ergaben ein fehlerfreies Arbeiten der Relais. [3][4]

 

Abb. 5 Schaltung eines stabilisierten Strom-Differentialschutzes für Einfach-Sammelschienen, Siemens
H  Hauptwandler            M  Mischwandler           Z  Zwischenwandler
A, B, C  Anwurfglieder der Abzweigrelais        D  Differentialrelais
G  Gleichrichter

Siemens entwickelte 1957 den ersten stabilisierten Sammelschienen-Differentialschutz für eine 110-kV-Schaltanlage. Die eingangs genannten Schwierigkeiten konnten durch neue Bauelemente, wie Mischwandler und Drehspulrelais, behoben werden – Abb. 5. Die Erweiterung des Differentialschutzes für Anlagen mit Mehrfach-Sammelschienen war verhältnismäßig einfach. Da die in den Sekundärwicklungen der Mischwandler M fließenden Ströme im Normalbetrieb höchsten 300 mA betragen, konnten sie ohne Weiteres durch übliche Hilfsrelais umgeschaltet werden –  Abb. 6

Abb. 6 Differentialschutz für Mehrfach-Sammelschiene, Siemens       
H  Hauptwandler                                          M  Mischwandler       
Z  Zwischenwandler                                   A  Anwurfglieder der Abzweigrelais     
D  Differentialrelais                                    G  Gleichrichter
U  Umschaltrelais für Meldekontakt    W  Warnrelais                
St  Stellungsmeldung Trenner                K  Kontaktfreigabe für Umschaltrelais U

Im 110-kV-Netz der Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW) gingen innerhalb von drei Jahren in neun Anlagen für 20 Sammelschienen derartige Diff.-Schutzeinrichtungen, Typ RN23 mit RN24, in Betrieb. 

Um das Relais gegen auftretende Fehlströme unempfindlich zu machen, schlägt Peter Claus van der Sterr, V&H, Frankfurt a.M., Pat. 564407, eine Falschstromstabilisierung vor, indem eine Gegenkraft erzeugt wird [5]. Ein ringförmiges Joch wird von sämtlichen zufließenden Strömen magnetisiert, und zwar durch Spulen, die gleichen Wickelsinn haben. Im normalen Betrieb heben sich die Spulen magnetisch auf, sodass eine Streuung eintritt, da sich die im Eisenring induzierten Kraftlinien über den Luftweg schließen müssen. Die Anordnung ist so getroffen, dass an der einen Seite eines waagebalkenartig aufgehängten Hebels die geometrische Summe aller Ströme wirkt, auf der anderen Seite aber eine Eisenplatte befestigt ist, die sich im Streukraftlinienbereich des ringförmigen Jochs befindet und von den Streukraftlinien der einzelnen Spulen angezogen wird - Abb. 7. Hierin bedeuten a, b, c die ankommenden und abgehenden Leitungen und h die auftretende Streuung, die ein die Auslösung verhinderndes Gegengewicht erzeugt

 

Abb. 7 Prinzip der Falschstromstabilisierung, Sterr, V&H, 1931

Die sich bei der Staffelung des Leitungsschutzes ergebenden Kommandozeiten beim Überstromzeitschutz in den Kraftwerks- und Transformatoreinspeisungen führten zu erheblichen Fehlerklärungszeiten bei Sammelschienenfehlern in den Kraft- und Umspannwerken. Parschalk, BBC, schlägt deshalb 1932 vor, den üblichen Überstromzeitschutz in den Einspeisungen durch Distanzschutz – Abb. 8 und 9 – zu ersetzen. Fehler im Transformator werden somit in 0,5 s und in der Sammelschiene in „nur“ 1,5 s abgeschaltet, was bei den bisher üblichen 4 und mehr Sekunden eine wesentliche Verbesserung darstellt. Abb. 9 zeigt die bei der Preußischen Elektrizitäts-Aktiengesellschaft eingesetzte Distanzrelaistafel für Sammelschienenschutz mit Prüfschalter. Die Distanzrelaissätze der genannten Anlage sind zweipolig ausgeführt und in aufklappbaren Relaistafeln in den Ölschalterbedienungsgängen, jeweils in dem Feld des zugehörigen Schalterantriebs, untergebracht. [6]

Abb. 8 Wirkungsweise des Distanzschutzes, BBC, 1932

Abb. 9 Distanzrelaistafel für Sammelschienenschutz, BBC, 1932

 

Abb. 10 Isolierte Aufstellung von Hochspannungsgerüsten

Den ersten stabilisierten Sammelschienen-Differentialschutz-Sammelschienenschutz für 110-kV-Anlagen realisiert Siemens bei den Hamburger Electricitäts-Werken (HEW). In jedem Abgang benötigt man einen Mischwandler und Zwischenwandler mit Gleichrichtern zur Stabilisierung entsprechend der Anzahl der Sammelschienen. Diese sind in einem kleinen Gehäuse – Abb. 11 – zusammengefasst. Soll der Sammelschienenschutz gegen Auslösen der Sammelschiene bei Doppelerdschlüssen stabilisiert werden, so ist ein weiteres Gerät dieser Art erforderlich.

 


Abb. 11 RN24, Siemens, 1957

Für das Zusammenschalten sind außerdem noch je Abgang – ebenfalls entsprechend der Anzahl der Sammelschienen – Hilfsrelais als Umschaltrelais – U in Abb. 12 – mit vier Arbeitskontakten erforderlich. Jede Sammelschiene erhält ein Differentialrelais D, bestehend aus dem einstellbaren Drehspulrelais und der Gleichrichterbrückenschaltung, die in einem Gehäuse untergebracht sind – Abb. 13

Abb. 12 Differentialschutz für Mehrfach-Sammelschiene, Siemens, 1957

Abb. 13 Sammelschienen-Diff.-Relais RN23, Siemens, 1957

1959 wird unter Leitung des Instituts für Energetik (IfE), Leipzig, ein „Pflichtenheft für 220-kV-Sammelschienenschutz“ erarbeitet [8] und TOSHIBA fertigt einen statischen Sammelschienenschutz [12].

Durch Realisierung des Sammelschienenschutzes mit Signalvergleich wird 1960 die Abschaltzeit von Fehlern auf der 16-kV-SS bei der Bernischen Kraftwerke AG (CH) von 3,2 s auf 0,6 s verringert [13].

Der ostdeutsche ÜNB, Verbundnetz Berlin, führt 1962 die „2-SS-Fahrweise“ zur Schnelltrennung bei SS-Fehlern im 220-kV-Netz ein [8]. Diese Lösung wird dann auch zum Standard in allen 110-kV-Doppel-SS-Anlagen – Abb. 14

Abb. 14 „2-SS-Fahrweise“, 110 -kV-Anlagen

1966 nimmt BBC den ersten elektronischen Sammelschienenschutz in der 16-kV-Anlage Würentos beim Aargauischen Elektrizitätswerk (AEW) in Betrieb – Abb. 15 – [9] und es kommt zur Einführung des INX2 in MS- und HS-Schaltanlagen – Abb. 16 bis 18. [10]

 

Abb. 15 Elektronischer BBC-SS-Schutz, 16-kV-Anlage Würentos, AEW, 1966

Abb. 16 SS-Schutz INX2, Verdrahtung, BBC, 1966

Abb. 17 INX2, Prinzip, BBC, 1966

Abb. 18 Entwicklung SS-Schutz INX, BBC

1968 erfolgt die Inbetriebnahme des ersten industriell gefertigten elektronischen Hochimpedanzsammelschienenschutzes ADS1, MFO, Abb. 19, in der bei Luzern gelegenen Station Rathausen, CWK (CH) [16].

Abb. 19 Elektronischer Hochimpedanzschutz, MFO, 1968 

Eine besondere Gefährdung stellt der Lichtbogenfehler in Schaltanlagen dar. Zur Erfassung dieses Fehlers bot sich mit dem Einzug der Elektronik an, diesen selbst zu erfassen und als Auslösekriterium zu verwenden. Das 1979 von Sprecher & Schuh gefertigte elektronische Lichtbogen-Überwachungsrelais ERW sowie weitere Geräte und Lösungen wurden im Netzschutz Magazin, Ausgabe 01/2018, behandelt [17].
1971 fertigt BBC den statischen Hochimpedanz-Sammelschienenschutz IZX1 mit integrierter Prüfeinheit – Abb. 20 bis 22.

Abb. 20 Statischer Hochimpedanzschutz IZX1, BBC, 1971

Abb. 21 IZX1, hinten, BBC, 1971

Abb. 22 IZX1, Schaltung, BBC, 1971

Den 1972 von AEG-Telefunken gefertigten elektronischen Sammelschienenschutz mit integrierter Prüfautomatik zeigt Abb. 23 [18]. Ein Ersteinsatz des statischen Sammelschienen-Differentialschutzes 7SS10 im 110-kV-Netz erfolgt 1973 in den Umspannwerken Dobben und Lloydstraße, Stadtwerke Bremen [19].

Abb. 23 Elektronischer SS-Schutz, AEG, 1971

Abb. 24 7SS10, Messschaltung, Siemens, 1973

Abb. 24 zeigt die Differenzialmessschaltung mit einstellbarem Stabilisierungsfaktor k im 7SS10.

Zurowski, Siemens, weist 1972 darauf hin [14], dass sich der stabilisierte Stromvergleichsschutz in Gleichstrom-Brückenschaltung mit Drehspulrelaismessung in rund 1000 Sammelschienen bzw. Sammelschienenabschnitten mit mehr als 5000 Abzweigen bewährt hat. Die in den letzten Jahren sowohl hinsichtlich einer Verkürzung der Kommandozeit als auch in Hinblick auf die Verwendung in Anlagen mit unterdimensionierten Stromwandlern gestiegenen Ansprüche konnten mit der messtechnischen Konzeption des elektronischen Sammelschienenschutzes voll berücksichtigt werden. Er arbeitet nach dem Prinzip des stabilisierten Stromvergleichs und nutzt das Maximum an Information aus, nämlich den Betrag und die Phase. In Abb. 25 ist der Schutz einer Einfach-SS dargestellt. An die Hauptwandler H jedes Abzweiges ist je ein Mischwandler M angeschlossen, der die Ströme der drei Hauptwandler (R, S, T) in einem bestimmten Verhältnis geometrisch addiert und auf einen konstanten, vom sekundären Wandlernennstrom unabhängigen niedrigen Einphasenstrom herabtransformiert. Die eingeprägten Sekundärströme der Mischwandler werden sowohl dem Differentialschutz D als auch den Stabilisierungszusätzen S zugeführt. Beide befinden sich in der zentralen Warte. Den Abzweigen sind nur die Mischwandler zugeordnet. In Anbetracht der Forderung nach maximaler Sicherheit – auch bei Durchführung von Arbeiten am in Betrieb befindlichen Schutz – wurde die in der Praxis seit Jahren bewährte Verriegelung über die Anregeglieder der Leitungsschutzeinrichtungen beibehalten. Es müssen also insgesamt drei voneinander unabhängige Kriterien für die Erteilung des Auslösekommandos erfüllt sein - Abb. 26: die Anregung, die Stromvergleichsmessung und die positive Entscheidung des dem Abzweig unmittelbar zugeordneten Schutzes.

Abb. 25 Elektronischer SS-Schutz, Siemens, 1972, Prinzip

Abb. 26 Elektronischer SS-Schutz, Verriegelung, Siemens

Abb. 27 RADSS, Schaltung, ASEA, 1973

Mit dem Sammelschienenschutz RADSS, ASEA, Abb. 27 bis 29, werden 1973 Abschaltzeiten von 7 ms erreicht [15]. 1975 wird er mit eine empfindlichen Erdfehlererfassung gefertigt [24].

Abb. 28 RADSS, ASEA

Abb. 29 RADSS, ASEA, 1973

Abb. 30 SS-Schutz R23 Schaltung, ZPA, 1976

Ein von OBSAD für ihre feststoffisolierte 30-kV-Schaltanlage ASIF36 sowie von TRO für die 110-kV-GIS GSAS entwickelter Anlagenschutz (isoliert aufgestellte Schaltanlage und über Niederspannungs-Stromwandler mit der Stationserde verbunden) wurde in [17] vorgestellt. 

ZPA Trutnov [CS] fertigt 1976 den stabilisierten Sammelschienen-Differentialschutz R23. Abb. 30 zeigt die Schaltung und in Abb. 31 sind die in Abb. 32 abgebildeten Einzelgeräte aufgelistet  

Abb. 31 Teile SS-Schutz R23, ZPA, 1976

Abb. 32 R23, Einzelgeräte, ZPA, 1976

1977 wird die VDEW-Richtlinie „Sammelschienenschutz“ verabschiedet [20].
1978 liefert BBC den hochohmigen SS-Schutz als elektromechanischen Hochimpedanzschutz, bestehend aus Einzelrelais IM21gv und YB/L21 sowie elektronischen Hochimpedanzschutz IZX1 mit integrierter Prüfeinrichtung – Abb. 33 [27].

Abb. 33 Hochimpedanzschutz IZX1,  BBC, 1978

Abb. 34 7SS83, Schaltung, Siemens, 1978

Von dem 1978 von Siemens gefertigten Sammelschienen-Diff. (auch als Messwertevergleichsschutz bezeichnet) 7SS83 (RN23b) zeigen Abb. 34 und 35 Schaltung und Zubehör.


Abb. 35 7SS83, Zubehör, Siemens, 1978

Bei dem 1980      von Mitsubishi (J) entwickelten nummerischen SS-Schutz gelangen Rogowskiwandler in Einsatz. Auch bei der Weiterentwicklung für 1000 kV UHV im Jahre 1994 werden Rogowskiwandler verwendet [25].
Auf der Grundlage der MODURES-Hochimpedanzrelais UR91 (einpolig) und UZ93 (dreipolig) steht 1984 ein komplexes Schutzsystem mit der Typenbezeichnung SU91 – Abb. 36 – als statischer Sammelschienenschutz zur Verfügung [26]. Westinghouse fertigt 1985 das Sammelschienen-Diff.-Relais CA-16 – Abb. 37 und 38

Abb. 36 Statischer SS-Schutz SU91, Blockschema, BBC, 1984

Abb. 37 Sammelschienen-Diff.-Relais CA-16, Westinghouse, 1985

Abb. 38 Sammelschienen-Diff.-Relais CA-16, Innenschaltung, Westinghouse, 1985

1986 fertigt Siemens den statischen Sammelschienenschutz 7SS11 mit zwei Messsystemen für Doppelsammelschienen und 7SS13 mit einem Messsystem für Einfach-Sammelschienen – Abb. 39 und 40.

 

 

Abb. 39 Sammelschienenschutz, Siemens, 1986

Abb. 40 7SS11, Schaltung, Siemens, 1986 

Auch hier muss, wie beim elektromechanischen Schutz, mittels Hilfswandlern – Abb. 41 – ein einheitliches Übersetzungsverhältnis zwischen den Primärströmen und den Vergleichsströmen der Messschaltung hergestellt werden. Zugleich wird damit der Strom auf einen für die Messschaltung geeigneten Wert heruntertransformiert. Die Messschaltung arbeitet mit 0,1 A Nennstrom.  

Bei den Stadtwerken Mannheim wird 1989 weltweit die erste Anlage mit digitalem Sammelschienenschutz 7SS50, Siemens, Abb. 42, in Betrieb genommen [21].

Abb. 41 Eingangsmischwandler 4AM5, Siemens

Abb. 42 Digitaler SS-Schutz 7SS50, Siemens, 1989  

1994 kommt es zur Einführung des Sammelschienschutzes REB 500, ABB - Abb. 43 bis 45 – als erstes numerisches, dezentrales Sammelschienen- und Schalterversagerschutzsystem. Die Systemflexibilität erlaubt es, Anlagen von Einfachsammelschienen bis hin zu Vierfachsammelschienen, einschließlich Umgehungsschienen, zu schützen. Ring-Sammelschienen und 1½-Schalteranordnungen können auch geschützt werden. Die maximale Systemkonfiguration für eine Vierfachsammelschiene beträgt bis zu 80 Abgänge (Feldeinheiten, die maximal durch 7 Längstrennungen, d. h. in 8 Sammelschienensektoren und 32 Sammelschienenabschnitte (Schutzzonen), unterteilt werden können).

Abb. 43 Digitaler SS-Schutz REB500, ABB, 1994

Abb. 44 REB500, Funktion, ABB, 1994

Abb. 45 REB500, Auslösezeit, ABB, 1994 

Siemens führt 1998 den Sammelschienenschutz 7SS52 – Abb. 46 – und 2000 7SS6 – Abb. 47 – ein

Abb. 46 7SS52, Siemens, 1998

Abb. 47 7SS60, Siemens, 2000 

2000 fertigt Protecta (H) den Dezentralen SS-Diff.- und Schalterversagerschutz OGYD-EP – Abb. 48 – und den Zentralen SS-Schutz DGYD – Abb. 49.

Abb. 48 SS-Schutz OGYD-EP, Protecta, 2000

Abb. 49 SS-Schutz DGYD-EP, Protecta, 2009 

2001 fertigt ELIN/SAT den digitalen Sammelschienenschutz DRS-BB – Abb. 50 – und DRS-COMPACT 2 – Abb. 51 und 52 [10]. In Bahnanlagen ist der DRS-BB z. B. eingesetzt 2002 im KW Uttendorf, ÖBB (A), und UW Genf, SBB (CH) [11], und 2004 im Uw Weimar.

Abb. 50 Digitaler SS-Schutz DRS-BB, ELIN/SAT, 2001

Abb. 51 DRS-BB, Blockdiagramm, ELIN/SAT, 2001

Abb. 52 DRS-Compact2, ELIN/SAT, 2001 

ABB führt 2002 das Sammelschienenschutz-System REB500sys ein. Auch im 16,7-Hz-Bahnnetz gelangt der REB500 zum Einsatz. So wird im 132-kV-Unterwerk Muttenz, SBB, der seit 1978 erfolgreich in Betrieb stehende INX2 im Jahre 2002 durch REB500, der als Optionen neben dem Sammelschienen- und Schalterversagerschutz Erdfehler- und Überstromzeitschutz sowie Störschreiber (Strom) und Ereignisaufzeichnung bietet, ersetzt. Die 50/60-Hz-Version ist zu diesem Zeitpunkt mit mehr als 50 Systemen weltweit vertreten. [22].  

2005 fertigt GE den High Impedance Differential HID – Abb. 53.

Abb. 53 Hochimpedanzschutz HID, GE, 2005 

2006 wird das SS-Schutzrelais CSC-150, SIFANG (China), zertifiziert – Abb. 54 [23].

Abb. 54 Sammelschienenschutz CSC-150, SIFANG, 2006

Ebenfalls 2006 fertigt ABB das REB670 – Abb. 55. 2007 bringt Schneider Electric das modular aufgebaute System MiCOM mit der Zentraleinheit P741 – Abb. 56 – und der Feldeinheit P742 und P743 auf den Markt und 2012 liefert Siemens im Rahmen der Siprotec 5-Serie das 7SS85 – Abb. 57.

Abb. 55 SS-Schutz REB670, ABB, 2006

Abb. 56 SS-Schutz P741, Schneider Electric, 2007

Abb. 57 SS-Schutz 7SS85, Siemens, 20127SS85

Quellen

1 G. Abel, Sammelschienenschutz für 110-kV-Anlagen. Sonderdruck aus SIEMENS-ZEITSCHRIFT 34/1960, S. 310–315
2 M. Schleicher, Neuerungen und Verbesserungen der Relais und der Schutzschaltungen. In: SIEMENS Zeitschrift 1/1926, S. 36–42
3 Sammelschienenschutz mit Quotienten-Differentialrelais. In: ETZ 61/1940, S. 361–362
4 R.M. Smith; W.K. Sonnemann; G.B. Dodds, Considerations in Applying Ratio Differential Relays for Bus Protetion. In: Transactions of the American Institute of Electrical Engineers 58/1939, S. 243–252
5 Sammelschienenschutzschaltung. Peter Claus van der Sterr, V&H, Frankfurt a. M., Pat. 564407
6 Fr. Parschalk, Transformator- und Sammelschienenschutz durch Brown Boveri-Distanzrelais. In: BBC Nachrichten Nov./Dez. 1932, S. 107–111
7 G. Meiners, Die Schaltanlage bei starrer und induktiver Netzerdung. In: ETZ 69/1948, S. 145–152
8 G. Eichhorn u. a., Stand und Entwicklungsrichtung der Schutzeinrichtungen in Hochspannungsübertragungsanlagen, Dresden, 1.7.1964, KAMMER DER TECHNIK, FUA Relais- und Schutztechnik, AA, „Hochspannungs-Schutzeinrichtungen“
9 M. Forster, Der elektronische Sammelschienenschutz. In: Brown Boveri Mitt. 53/1966, 11/12,828-833#
10 VA TECH SAT Informationstag Schutztechnik. DB, Frankfurt, am 6.2.2002
11 M. Pairits; J. Schwarz, ELIN DRS-BB Generationsablöse im Sammelschienenschutz. VA TECH SAT automation 01,17/2002
12 History of P & C Systems, www.toshiba.co.jp vom 27.6.2008/16.2.2014
13 Ch. Jean-Richard, Der Schutz von 16- und 50-kV-Sammelschienen. In: Bull. SEV 51/1960, S. 62–63
14 E. Zurowski, Dreifach gesicherter Sammelschienenschutz. Sonderdruck aus Siemens-Zeitschrift 46/1972, S. 257–259
15 T. Forford; J.R. Linders, A HALF CYCLE BUS DIFFERENTIAL RELAY AND ITS APPLICATION, Paper T 74 033-7, IEEE Power System Relaying Committee of the IEEE Power Engineering Society for presentation at the IEEE PES Winter Meeting, New York, N.Y., January 27–February 1, 1974, S. 110–1120
16 A. Kolar, Leitungs- und Netzschutz aus nationaler und internationaler Sicht. In: Industrie Rundschau Zürich 10/1969, S. 25–43
17 W. Schossig, Dem Lichtbogen auf der Spur (Geschichte des Lichtbogenschutzes). In: Netzschutz-Magazin 2/2018, S. 22–27
18 Elektronischer Sammelschienenschutz. E 521-3213.6.74 0472, Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft, AEG-Telefunken
19 Statischer Netzschutz, Referenzen. 3 81, Siemens E-141/1856-220
20 VDEW-Ringbuch „Schutztechnik“, VWEW
21 F. Boese; F. Meisberger, Sammelschienenschutz. In: ETG-Fachbericht 71. ETG-Fachtagung Schutz- und Stationsleittechnik am 3. und 4. März 1998 in Dresden, S. 33–42, VDE-Verlag 1998
22 REB500: Numerischer Sammelschienenschutz für Bahnnetze 16.7 Hz, Newsletter 2–5,  ABB Schweiz AG, 2002
23 CSC-150 Busbar Protection IED. Engineering and Operation Manual. Version V1.00 Doc. Code: 0SF.460.078(E), Issued Date: 2012.8, Beijing Sifang Automation Co., Ltd
24 RADSS Bus Differential Protection with Senstive Earth-Failt relays. ASEA, RFF April 1975, BF 637-105
25 H. Matsumoto; History and Test Method of Protection Relay with Rogowski Coil Based Current Transformer. Presentation 05, Omicron IPTS 2015
26 R. Schäfer, G. Brulhart: Statischer Sammelschienenschutz nach dem Hochimpedanzprinzip Typ SU91. BBC CH-NL 36-25.01 D, Brown Boveri Mitt. 71(1984)1/2
27
Veer, de Ch.: Sammelschienenschutz und Schalterversagerschutz: Typenauswahl und Anwendungen. Brown Boveri Mitteilungen (1978)6,388-398

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