PRÜFEN VON LICHTBOGEN­SCHUTZSYSTEMEN

Störlichtbögen entwickeln innerhalb von Sekundenbruchteilen eine große zerstörerische Kraft, die ein hohes Gefahrenpotenzial für Personen und Betriebsmittel aufweist. Seit den frühen 1990er-Jahren werden deshalb spezielle Schutzsysteme zur Erkennung und Abschaltung dieser Fehler eingesetzt. Obwohl in den letzten zwanzig Jahren die Aufmerksamkeit für die Gefahren von Störlichtbögen gestiegen ist und eine Vielzahl derartiger Schutzsysteme installiert wurde, findet die Funktionsprüfung der Systeme noch immer erstaunlich wenig Beachtung.

von Jakob Siemayr Datum 20.03.2018

Spezialschutz

Störlichtbögen in elektrischen Nieder- und Mittelspannungsschaltanlagen treten heutzutage aufgrund hoher Sicherheitsstandards nur selten auf. Falls sie dennoch entstehen, sind ohne ausreichende Vorsorge massive Schäden an Anlagenteilen, kostenintensive Stillstandzeiten und eine akute Gefährdung von Personen zu erwarten. Die Ursachen für Störlichtbögen sind recht unterschiedlich. In den meisten Fällen ist menschliches Fehlverhalten bei Service- oder Montagearbeiten verantwortlich für ihre Entstehung. Häufig führen aber auch Überspannungen oder unterdimensionierte Anlagenkomponenten zu Störlichtbögen. Ebenso gefährlich sind Kurzschlüsse durch Fremdkörper wie Tiere oder Werkzeuge sowie Verschmutzungen und Feuchtigkeit in elektrischen Anlagen.

EIN HEISSES THEMA

Bereits in den ersten Millisekunden setzt ein Lichtbogen enorme Mengen an Energie frei und entwickelt eine Temperatur von mehr als 10.000°C. Die Luft im Bereich von einigen Metern wird ionisiert, flüssige und dampfförmige Metall- und Anlagenteile treten selbst aus geschlossenen Anlagen explosionsartig aus. Betriebsmittel und Anlagen werden binnen Sekunden zerstört. Für Personen, die sich zum Zeitpunkt des Lichtbogenfehlers in unmittelbarer Nähe aufhalten, besteht akute Lebensgefahr. Neben Stromschlägen, Augenschäden und Verbrennungen haben oft auch Verätzungen der Lunge schwerwiegende gesundheitliche Auswirkungen.

SCHNELLE AUSLÖSUNG IST GEFRAGT

Um das Gefährdungspotenzial für Personen und Anlagen zu begrenzen, sind eine schnellstmögliche Erkennung und in der Folge Löschung des Störlichtbogens erforderlich.

Herkömmliche Schutzsysteme wie beispielsweise UMZ-Schutzgeräte haben mitunter Schwierigkeiten bei der Erkennung von Lichtbogenfehlern, was zu langen Abschaltzeiten führen kann. Stattdessen werden spezielle Lichtbogenschutzsysteme eingesetzt, welche das Zünden eines Lichtbogens mittels optischer Sensoren erkennen und mit einer Verzögerung von nur etwa 6 bis 7 ms ein Auslösekommando an alle auf den Störlichtbogen speisen den Leistungsschalter senden. Kommen Hochgeschwindigkeits-Halbleiterausgänge anstelle konventioneller Relaiskontakte zum Einsatz, sind sogar Auslösezeiten in der Größenordnung von 1 ms möglich.

Um die Zeit bis zur Löschung des Lichtbogens weiter zu reduzieren, können auch sogenannte Löschgeräte eingesetzt werden. Sie erzeugen einen metallischen Kurzschluss parallel zum Störlichtbogen und entziehen diesem damit die notwendige Energie, noch bevor sich die Leistungsschalterkontakte geöffnet haben. Eines ist sicher: Der Störlichtbogen muss sicher erkannt, aber Fehlauslösungen müssen vermieden werden. Auslösekriterium ist in der Regel das sehr intensive Licht des Lichtbogens in Kombination mit dem einhergehenden Überstrom. Diese Überstromerfassung muss sehr schnell erfolgen, um die Auslösung nicht unnötig zu verzögern.

EINFACHES PRÜFEN DER SYSTEME

Der Funktionsprüfung von Lichtbogenschutzsystemen wurde bisher nur sehr wenig Aufmerksamkeit entgegengebracht. Wenn man das enorme Gefahrenpotenzial und die Auswirkungen eines Störlichtbogens bedenkt, ist diese Tatsache sehr verwunderlich. Ein Grund dafür ist möglicherweise, dass es eine Zeit lang keine wirklich praktikablen Methoden beziehungsweise einfachen Hilfsmittel zur Prüfung derartiger Systeme gab.

Die Überprüfung der optischen Erfassung der jeweiligen Lichtsensoren kann zwar durch manuelles  Anleuchten mit einer Lichtquelle (z. B. Taschenlampe oder Blitzgerät) und Ablesen am Schutzgerät erfolgen, es soll jedoch auch das korrekte Auslösen (bzw. korrekte Nicht-Auslösen, wenn nicht alle notwendigen Kriterien erfüllt sind) des Lichtbogenschutzsystems überprüft werden.

Hierfür wird ein Schutzprüfgerät verwendet, welches die erforderlichen Stromsignale einspeisen und gleichzeitig eine Lichtquelle zur Simulation des Lichtbogens ohne Verzögerung ansteuern kann. Die Lichtquelle wird  nacheinander möglichst nah an jedem der verbauten Lichtsensoren positioniert und auf diesen gerichtet. Das Auslösekommando des Schutzgeräts wird an einen Binäreingang des Prüfgeräts verdrahtet, um die korrekte Reaktion des Schutzsystems zurückzumessen und aufzuzeichnen. 

Abb. 1. Mit einer speziell für die Simulation von Lichtbögen entwickelten Auslöse-Einrichtung lassen sich Lichtbogenschutzsysteme auf einfache Weise prüfen.

Folgende Prüfungen werden durchgeführt:

  • Auslösen des Schutzsystems durch Simulation des Lichtbogens und gleichzeitige Einspeisung eines Stroms oberhalb des eingestellten Ansprechwerts 
  • Nicht-Auslösen des Schutzsystems bei Simulation des Lichtbogens ohne Einspeisung eines Stroms 
  • Nicht-Auslösen des Schutzsystems bei Einspeisung eines Stroms über dem eingestellten Ansprechwert, ohne Simulation des Lichtbogens

Falls bei schwer zugänglichen Sensoren die Helligkeit der Lichtquelle nicht ausreichend sein sollte, lässt sich die Prüflösung auch durch handelsübliche Blitzgeräte mit einer optischen Slave-Blitzfunktion erweitern. Bei dieser Funktion triggert das Blitzgerät mit geringer Verzögerung zum Prüfgerät.

Abb. 2. In der Software ist der Testprozess für das Lichtbogenschutzsystem noch einmal klar und mit der Auslösezeit dargestellt.

FÜR DEN NOTFALL GERÜSTET

Angesichts der gravierenden Auswirkungen auf Personen sowie der hohen Kosten für Reparaturen der Anlage, Stillstandzeiten und eventueller Produktionsausfälle bei Kunden ist der Aufwand für eine regelmäßige Prüfung von Lichtbogenschutzsystemen mehr als gerechtfertigt. Ein Prüfsystem bestehend aus einem üblichen Schutzprüfgerät in Kombination mit einer zeitsynchronen Lichtquelle ermöglicht die schnelle und einfache Prüfung derartiger Systeme.

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