Strom­wandler - INBETRIEBNAHMEPRÜFUNG

Strom- und Spannungswandler sind wichtige Komponenten im Gesamtsystem der Schutztechnik. Deshalb ist es wichtig, den Wandler nicht nur als einzelnes Betriebsmittel zu betrachten, sondern immer im Gesamtsystem zu prüfen.

von Marcus Stenner Datum 05.09.2018

Allgemein

Ein guter Zeitpunkt für den Nachweis der korrekten Funktionalität von Strom- und Spannungswandlern ist die Inbetriebnahme. Leider steht bei der Inbetriebnahme zunehmend weniger Zeit zur Verfügung. Daher muss überlegt werden, wie die Wandler mit dem Schutzsystem hinreichend in einer angemessenen Zeit geprüft werden können. Dieser Artikel soll als Vorschlag eines Prüfplans gesehen werden, wie eine Inbetriebnahme bzw. Schutzsystemerneuerung aussehen könnte.

WER DEFINIERT, WAS UND WIE GEPRÜFT WERDEN MUSS?

Um eine gleichbleibende Prüfqualität und Vergleichbarkeit zu gewährleisten, sollte der Umfang der Prüfung sowie die Art der Durchführung vom Anlagenbetreiber in einer Richtlinie vorgegeben und kontrolliert werden. Hat der Anlagenbetreiber keine Richtlinie vorliegen, kann der Leitfaden des Forum Netztechnik Netzbetrieb (FNN) zur Orientierung dienen. In diesem Leitfaden zum Einsatz von Schutzsystemen in elektrischen Netzen von 2009 wird eine Empfehlung ausgegeben, wie Wandler während der Inbetriebnahme geprüft werden können:

  • Vergleich der Typenschildangaben mit den geforderten Werten
  • Isolationsprüfung zum Nachweis, dass Isolationswerte der einzelnen Kerne gegen Erde und gegeneinander eingehalten werden
  • Überprüfung der Beschaltung und Übersetzung der einzelnen Stromwandlerkerne, möglichst mittels Primäreinspeisung des Wandlers
  • Wickelsinnprüfung, soweit die Überprüfung durch Einsichtnahme in die Werksprüfprotokolle des Wandlerherstellers nicht möglich ist
  • Messung der Betriebsbürde
  • Messung der Innenbürde, falls nicht bekannt.

Dieser Vorschlag zur Prüfung der Stromwandler und Stromwandlerkreise folgt der FNN-Empfehlung. Im Falle eines Fehlers gilt diese als anerkannter Stand der Technik und bietet so dem Prüfer ein gewisses Maß an Rechtssicherheit.

VORGESCHLAGENER PRÜFABLAUF EINES STROMWANDLERS

Die Aufnahme des Typenschildes ist wichtig, da dieses in allen Prüfprotokollen zur Identifizierung des Prüflings dient. So können falsch verbaute Wandler bereits durch den Vergleich der Typenschilddaten mit den Schalt- bzw. Anlagenplänen gefunden werden. Zu diesem Zeitpunkt macht es Sinn, die Einbaulage des Stromwandlers (Richtung P1 und P2) mit dem einphasigen Stromlaufplan zu vergleichen. Weist der Stromwandler eine primäre Verlaschung des Übersetzungsverhältnisses auf, sollte auch diese überprüft werden, bevor man mit den Messungen beginnt.

Als nächsten wichtigen Schritt empfehle ich die Einspeisung von unsymmetrischen Stromwerten, z. B. 100 mA, 200 mA, 300 mA, mit Hilfe eines Schutzprüfgeräts (Abb. 1), um die richtige Verdrahtung vom Wandlerklemmenkasten zum Schutzgerät zu gewährleisten. Die Kontrolle der Werte kann über das Display oder mit der Stromzange am Gerät durchgeführt werden.

Abb. 1 Unsymmetrische Einspeisung mit dem QuickCMC

Die Isolationsmessung wird wie in der FNN-Empfehlung beschrieben durchgeführt. Die Messung des Isolationswiderstands führe ich mit einem Isolationsmessgerät mit 1000 VDC für max. 10 Sekunden pro Kern bzw. Leitung durch. Die Isolation der Kerne wird gegen Erden (hierfür muss die sekundäre Erdung an den  Wandlerkernen aufgehoben werden) und alle Kerne werden gegeneinander gemessen. Des Weiteren sollte auch die sekundäre Verdrahtung auf einen guten Isolationswiderstand geprüft werden. Der Isolationswiderstand kann ab einem Wert von 100 M als gut befunden werden. Nach der Messung können diese Kerne und die Kabel aufgeladen sein, daher sollten diese kurz geerdet werden. Die Überprüfung des Übersetzungsverhältnisses, Wickelsinns, der Betriebsbürde und Innenbürde können sowohl mittels Primäreinspeisung (z. B. mithilfe von OMICRONs CPC 100) als auch mittels Sekundäreinspeisung durchgeführt werden.

Die Prüfung mittels Sekundäreinspeisung (z. B. CT Analyzer von OMICRON) wird in zwei Prüfschritten durchgeführt. Im ersten Schritt wird auf der Bürdenseite des Sekundärkreises gemessen (Abb. 2).

Abb. 2 Anschlussschema zur Betriebsbürdenmessung

Im zweiten Schritt muss an der Wandlerseite des Sekundärkreises umverdrahtet werden (Abb. 3).

Abb. 3 Anschlussschema zur Wandlermessung

Durch die Verwendung des CT Analyzers kann die Prüfdauer auf ca. 5 Minuten pro Kern reduziert werden. Ein weiterer Vorteil der Prüfung mit dem CT Analyzer ergibt sich bei der automatischen Bewertung im Prüfbericht – vorausgesetzt, alle geforderten Daten vom Typenschild werden in die Prüfvorlage des CT Analyzers eingegeben.

AUSWERTUNG DER STROMWANDLERPRÜFUNG

Die Bewertung umfasst die Gegenüberstellung der gemessenen Werte mit den in der entsprechenden Norm vorgegebenen Werten. Als Prüfer schaue ich mir die Ergebnisse an und mache eine Querkontrolle mit einem ähnlichen Kern aus einer anderen Phase oder Feld. Mit der Messung der Magnetisierungskennlinie kann auf einfachem Weg die richtige Kernzuordnung nachgewiesen werden.

NACH DER PRÜFUNG – SCHLUSSKONTROLLE

Nach der Prüfung müssen alle Erden erneut angeschlossen und die Stromkreise wieder geschlossen werden. Zur Kontrolle führe ich im Anschluss noch eine Primäreinspeisung mit ca. 50 % des Nennstromes durch und überprüfe bei allen verbauten Geräten am Display die Messwerte. Mit Hilfe eines Polaritätsprüfgeräts und der Einspeisung eines Rechtecksignals kann mit demselben Messaufbau mit Primäreinspeisung sehr leicht ein Verdrahtungsfehler bis zum Schutzgerät gefunden werden. Der Vorteil des Rechtecksignals liegt in der Vermeidung des Aufsättigens des Stromwandlers im Vergleich zur alten konventionellen Batteriemethode (Abb. 5).

Abb. 4 Beispiel eines Prüfberichts

Abb. 5 Verdrahtungsprüfung mit dem CPOL2

Die Auswertung und Dokumentation der Prüfung wird durch den automatisch generierten Prüfbericht erleichtert und spart somit viel Zeit (Abb. 4). Die am häufigsten gefundenen Fehler sind:

  • Verdrahtungsfehler (vertauschte Phasen)
  • Mehrfach-Erdung der Stromkreise
  • Isolationsfehler aufgrund nicht fachgerechten Absetzens von Kabeln (einschneiden in die einzelnen Adern)
  • Überbürdung der Schutzkreise
  • Falsche Einbaulage der Stromwandler bzw. einzelner Stromwandlerkerne
  • Anschluss von Messgeräten an Schutzwandlerkerne und umgekehrt

AUSBLICK – NEUE WANDLERTYPEN

Mit Einzug von nichtkonventionellen Wandlern, auch bekannt als optische Wandler, der Messwerterfassung konventioneller Wandler durch Merging Units und der digitalen Messwertverteilung auf Prozessbusse ändert sich auch das Prüfen von Stromwandlern. Viele der oben genannten Prüfungen können nicht mehr duchgeführt werden.

Die Stromwandler können nur noch durch Primäreinspeisung überprüft werden, da die Stromwandler nur noch digitale Werte – sogenannte Sampled Values – ausgeben und keine analogen Sekundärgrößen. Mit dem CPC 100 kann der Primärstrom ausgegeben und der Sampled-Values-Stream direkt über die Ethernet-Schnittstelle im Prüfgerät zurückgelesen werden. Dies ermöglicht die Messung des Übersetzungsverhältnisses, der Polarität und Winkelfehler des optischen Stromwandlers.

Abb. 6 Prüfung mit dem CPC 100, bei der der Prüfstrom durch einen konventionellen und durch einen nichtkonventionellen Wandler getrieben wird

In Abb. 6 sieht man eine Prüfung mit dem CPC 100, bei der der Prüfstrom durch einen konventionellen und durch einen nichtkonventionellen Wandler getrieben wird. Zur Kontrolle, ob die Sampled Values im Prozessbus richtig projektiert wurden, haben wir die Sampled-Values-Streams beider Wandler mit dem DANEO 400 aufgezeichnet und verglichen. Dadurch konnten wir erkennen, dass die resultierende Signalform des nichtkonventionellen und konventionellen Wandlers in Betrag und Phase gleich waren. Wohingegen in der Betrachtung der harmonischen Komponeneten Unterschiede zu erkennen sind.

Abb. 7 Signalkurvenvergleich mit OMICRONs DANEO 400

ZUSAMMENFASSUNG

Durch den dargestellten Prüfplan konnte eine gleichbleibende Prüfqualität und Dokumentationstiefe mit einem sehr geringen Zeitaufwand während der Prüfung erreicht werden. Mit dem vorgefertigten Prüfbericht konnte auch der Aufwand für die zusammenfassende Dokumentation verringert werden.

Dieser Prüfplan ist als Empfehlung zu sehen und als eine Einladung, um über Alternativen zu diskutieren. Sollten Sie als Leser Fragen, Anmerkungen oder Verbesserungsvorschläge haben, würde ich mich freuen, mit Ihnen darüber zu diskutieren.

Omicron Anwendertagung 2019

Drei Tage Vorträge, Diskussionen und das Erleben der Schutztechnik-Gemeinschaft mit KollegInnen aus Deutschland, Österreich und Schweiz. Das bot die Omicron Anwendertagung 2019 vom 4. bis 6.Juni im...

weiterlesen

ETG-Kongress 2019

Die ETG-Tagung 2019 in Esslingen am Neckar bot die Möglichkeit, einen Überblick über den derzeitigen Stand der Forschungen und Projekte in Bereichen E-Mobility, Sektorenkopplung, Digitalisierung und...

weiterlesen

Hannover Messe 2019

NETZSCHUTZ war für Sie auf der Hannover Messe, um Sie über Neuerungen und interessante Produkte informieren zu können.

weiterlesen