Strom­wandler - ETAPPEN DER INNOVATION - GESCHICHTE DES STROMWANDLERS

von Walter Schossig Datum 05.09.2018

Allgemein

Ende des 19. Jahrhunderts sind schon Messwandler bekannt. Um mit empfindlichen Messgeräten größere Spannungen oder Ströme zu messen, benutzte man davor Shunts in Form ohmscher Widerstände.

In den Jahren 1887 bis 1899 fertigte S&H sogenannte Stromzeiger – Abb. 1. Das Instrument besteht im Wesentlichen aus einer Spule, in die zwei weiche Eisenstäbchen hineinragen und je nach Größe des Stromes mehr oder weniger hineingezogen werden. Diese Bewegung wird mittels Hebel auf einen Zeiger übertragen, der auf einer Skala den Strom direkt in Ampere anzeigt [1]. Mit diesem direkt messenden Amperemeter können Wechsel- und Gleichströme bis 1800 A gemessen werden. Die Skalengröße von einem Durchmesser von 28 cm ermöglichte auch eine Ablesung bei einer Installation auf Potenzial.

Abb. 1 Strommesser auf Potenzial, S&H, um 1890

Die ersten Messwandler, auch Messtransformatoren genannt, entstanden in Deutschland um die Wende des 19. Jahrhunderts. Die hauptsächlichen Gründe für die Verwendung von Wandlern in Schaltanlagen waren:

  • Fernhaltung der Hochspannung von der Berührung zugänglichen Messgeräten, Zählern und Relais, 
  • Wandeln von Strömen beliebiger Stärke in eine für die Messung geeignete Größe gleicher Phasenlage und Frequenz, 
  • Trennung von Warte und Schalthaus bzw. Freiluftanlage.

ERSTE STROMWANDLER

Das erste Stromwandlerpatent stammt aus dem Jahre 1882 [2] und 1898 erfindet G. Benischke, AEG, den Stromwandler – Abb. 2 [3][4]. In seinem Standardwerk Die wissenschaftlichen Grundlagen der Elektrotechnik schreibt er: „Die jüngeren Elektrotechniker lernen die Schwierigkeiten, die früher bestanden, und die man durch Meßinstrumenten-Gehäuse aus Isolierstoff nebst isolierender Befestigung derselben, durch isolierte Aufstellung der ganzen Schalttafel samt Bedienungsgang, durch Schutzfenster usw. zu überwinden suchte, gar nicht mehr kennen. Die Schwierigkeiten waren so groß, daß eine Anwendung von mehr als 10000 V. im praktischen Betriebe unmöglich war. Das wurde erst anders durch die Erfindung der Stromwandler vom Verfasser im Jahre 1898 (ETZ, 1899, S. 86).“

Abb. 2 Stromwandler, AEG, 1898

Abb. 3 zeigt links einen der ersten Wandler, die für Betriebsspannungen bis 7500 V bestimmt waren. Dass Stromwandler-Sekundärwicklungen stets geschlossen sein müssen, war damals noch nicht bekannt. Es wurde erwähnt, dass mit einem Messgerät in mehreren Leitungen ohne hochspannungsseitige Umschaltungen gemessen werden kann, wenn nur jeder dieser Leitungen die Primärwicklung eines Stromwandlers eingeschaltet wird, an deren Sekundärwicklungen das Messgerät mit einem einfachen Umschalter angeschlossen werden kann. Rechts ist ein dreiphasiger Spannungswandler abgebildet. Die drei Hochspannungswicklungen bestehen aus mehreren nebeneinander angeordneten scheibenförmigen Teilspulen. Die Spannungswandler werden so bewickelt, dass die Sekundärspannung immer rund 125 V beträgt. [5]

Abb. 3 Stromwandler Typ A und Spannungswandler, AEG, 1899

Zur Isolierung wurde Luft sowie Stabilit und Kunstglimmer benutzt. Etwa 1906 baute man die Stromwandler schon als Topfwandler mit Öl- oder Massefüllung – Abb. 4.

 

Abb. 4 Masseisolierter umschaltbarer Stromwandler, 1908

F. Schrottke, S & H, konstruierte 1900 den Stromtransformator Modell N51. Der aus Blechen zusammengesetzte Eisenkern hat die Form eines Rechteckes und trägt auf seinen Schenkeln die aus vielen Windungen bestehende Sekundärspule, darüber die wenigen Windungen der Primärseite. Er wurde für  Primärströme bis 1000 A und Spannung bis 3000 V gebaut. 1900 erhält G. Dietze in Meran, Südtirol, sein  Patent „Geräth zum Anzeigen und Messen pulsierender oder wechselnder magnetischer Felder“, DRP 117605, und entwickelt 1902 den tragbaren Einleiterstromwandler in Zangenform, den Dietze-Anleger [6] – Abb. 5.

Abb. 5 Strommessung mit Dietze-Anleger

Wandler für Hochspannungsanlagen wurden – wie bei Leistungstransformatoren schon üblich – mit Ölisolation versehen. Abb. 6 zeigt, dass die beiden Anschlüsse der drei Primärwicklungen zunächst mit getrennten Isolatoren durch den Ölkessel geführt wurden.

Abb. 6 Ölisolierter Stromwandler, AEG, 1906

Solche Wandler hielten bereits Spannungen bis 30 kV aus. Recht bald wurde die Bedeutung der Hochspannungsmesswandler erkannt, und die Anforderungen an Genauigkeit, Prüfspannung und Leistung führten bereits 1907 bei AEG zu einer Stromwandlerbauform, dem sogenannten Universalwandler – Abb. 7, mit einem Stromfehler von nur noch 1 % bei einer Leistung von 45 VA. Als Isolation diente Transformatorenöl. Die ursprüngliche Betriebsspannung 33 kV wurde bald durch Vergrößerung der Abmessungen auf 44 und 77 kV gebracht.

Abb. 7 Universalwandler, AEG, 1907

Für Spannungen bis 10 kV wurde die Ölfüllung 1908 durch eine Vergussmasse ersetzt, die im geschmolzenen Zustand unter Vakuum eingefüllt wurde. Sie hatte den Vorteil, dass die Wicklungen ohne besondere Maßnahmen gut gegen Verschiebung durch die dynamischen Wirkungen von Kurzschlussströmen gesichert  waren – Abb. 8.

Abb. 8 Umschaltbarer Stromwandler Form PF, AEG

Die Isoliermasse wurde später mit Quarzsand versetzt, um ihre Wärmeleitfähigkeit zu vergrößern. Für Einleiter-Durchführungsstromwandler wurde Hartpapierisolation unmittelbar auf den Kupferbolzen gewickelt – Abb. 9, später wurde bei Stromstärken über 500 A Porzellanisolation verwendet.

Abb. 9 10-kV-Stabstromwandler mit Hartpapierisolation, AEG

Eine wesentliche Verbesserung der Leistung und der Kurzschlussfestigkeit brachte die  Zegenmagnetisierung für den Stromwandlerbau der AEG (Vahl, DRP 528349 von 1925). Die Kernleistung stieg durch diese Kunstschaltung auf etwa das Zwei- bis Dreifache und es gelang, die hinsichtlich ihrer Kurzschlussfestigkeit unübertrefflichen Einleiterwandler für wesentlich kleinere Nennströme, als dies vorher möglich war, brauchbar zu machen. Durch Anwendung des gleichen Prinzips bei den Doppeldurchführungswandlern (Schleifenstromwandlern) – Abb. 10 – gelang es, auch für noch kleinere Primärströme Wandler sehr hoher Kurzschlussfestigkeit zu schaffen.

Abb. 10 Schleifenstromwandler DS, AEG

Im Jahre 1911 entstand bei der AEG der erste 110-kV-Stromwandler als Topfwandler – Abb. 11, allerdings wieder mit Öl gefüllt.

Abb. 11 110-kV-Topfstromwandler, AEG, 1911

Um einen wirksamen Schutz gegen eine Wanderwelle zu erreichen, beginnt 1916 eine Diskussion über den Einsatz von ohmschen Parallelwiderständen an den Primäranschlüssen von Stromwandlern als Überspannungsschutz [7], und um 1925 wird dies fast immer realisiert.

1919 entwickelt F. J. Fischer, Koch & Sterzel, Pat.-Nr. 325 495 – Abb. 12, das Funktionsprinzip „Querloch“. Die mit reiner Porzellanisolierung versehenen Querlochwandler wurden für Nennströme von 5 bis 800 A und für Spannungen bis etwa 30 kV sowohl als Stützerstromwandler – Abb. 13 – als auch als Durchführungsstromwandler – Abb. 14 – gebaut. [8]

Abb. 12 Querloch-Durchführungswandler, Koch & Sterzel, 1919

Abb. 13 Querloch-Stützerstromwandler, Koch & Sterzel, 1919 

Abb. 14 Querloch-Durchführungsstromwandler, Koch & Sterzel

Bei Durchführungs- und Querlochwandlern benutzte man mehrere Kerne mit Sekundärwicklungen zusammen mit einer gemeinsamen Primärwicklung und trennte Mess- und Relaisstromkreise, die ja ganz verschiedenen Bedingungen genügen müssen. Das Sortiment Stromwandler von H&B aus dem Jahre 1921 zeigen die Bilder in Abb. 15. [9]

Einen Stromwandler der Siemens Schuckert Werke aus dem Jahre 1925 zeigt Abb. 16. Die technischen Daten lauten: 20/64 kV, 50 Hz, 20/5 A, 0,6 , n<10, Kl. 0,5. 1929 entwickelt S. Z. de Ferranti zur Erfassung des Erdschlussstromes den nach ihm benannten Ferranti-Wandler – Abb. 17, auch Ersatzstromwandler oder heute Kabelumbauwandler genannt. [10].

Abb. 15 Sortiment Stromwandler, H&B, 1921 [9]

Abb. 16 Stromwandler A20P1, SSW, 1925

Abb. 17 Ferranti-Wandler

Die Isolation der Hochspannungswicklung der Mittelspannungswandler 6 bis 30 kV aus Öl bzw. Compoundmasse in Verbindung mit Papier führte bei den wachsenden Kurzschlussleistungen der Anlagen und den dadurch hervorgerufenen Zerstörungen solcher Stromwandler, die für die großen Kurzschlussströme nicht ausgelegt waren, zu unangenehmen Begleiterscheinungen in Form von Brand und Verrußen. Daraus ergab sich die Notwendigkeit, trockenisolierte Wandler zu schaffen. Als idealer Isolierstoff für Trockenstromwandler wurde das Porzellan erkannt, das nur den einen Nachteil hat, dass zur Herstellung sehr hohe Temperaturen erforderlich sind. Der gesamte Isolierkörper musste also vor dem Aufbringen der Wicklungen usw. vollkommen fertiggestellt werden. Die Entwicklung führte bei der AEG dazu, dass ein U-förmiges Porzellanrohr – Abb. 18 – als Isolator für die Primärwicklung verwendet wurde.

Abb. 18 U-Rohr-Stromwandler, AEG, AP 10 und AP 20, 1937

Die nachträgliche Einbringung der Wicklung in einen fertigen Isolierkörper ist aber immer mit gewissen Schwierigkeiten verbunden. Es wurde daher nach Konstruktionen mit mehrteiligen Porzellankörpern gesucht. Mit dem zweiteiligen Porzellankörper wurde von der AEG 1937 mit dem AL 10 eine brauchbare Verbindungsart ohne zusätzlichen Raumbedarf und ohne Vergussmassen – Abb. 19 – gefunden.

Abb. 19 10-kV-Stromwandler AL 10, AEG, 1937

ANFORDERUNGEN AN STROMWANDLER

Um 1907 kamen 1%-Wandler und um 1912 sogar schon 0,5%-Wandler auf den Markt, allerdings mit recht erheblichem Materialaufwand. 1915 erließ die PTR ihre „Bestimmungen für die Beglaubigung von Meßwandlern“, in denen sogenannte Beglaubigungsfehlergrenzen für die Übersetzungsfehler und Fehlwinkel bereits auf ±0,5 % bzw. ± 40 oder ± 20 min festgelegt wurden. Die VDE-Kommision für Messinstrumente legte 1921 „Regeln für die Bewertung und Prüfung von Meßwandlern“ vor. Hierin wird u. a. festgelegt:

  • Die sekundäre Nennstromstärke beträgt in der Regel 5 A; bei großer Leitungslänge im Sekundärkreis ist vorzugsweise 1 A zu wählen.
  • Die Anschlüsse sind gleichsinnig zu bezeichnen. Stromwandlerwicklungen primär L1L2, sekundär l1l2.

In der 1938 herausgegebenen VDE 0570 wird K-L, k-l festgelegt. [11]

Um eine merkbare Einbauregel zu schaffen, wurde in der Praxis oftmals zur Sammelschiene K (wie Kraftwerk) und zum Abgang L (wie Leitung) verwandt. In der IEC wurde P1-P2 für die Primär- und S1-S2 für die Sekundärwicklung eingeführt.

In den 20er Jahren ist in den deutschen amtlichen Beglaubigungsvorschriften angeführt: „Die Nennbürde eines Stromwandlers muß mindestens 0,6 Ω bei einer sekundären Nennstromstärke 5 Amp. sein. Für Stromstärken vom Nennwert bis zu dessen fünften Teil darf der Stromfehler ± 0,5 %, der Fehlwinkel ±40 Minuten nicht überschreiten. Für Stromstärken unter 1/5 bis 1/16 des Nennwertes darf der Stromfehler ±1%, der Fehlwinkel ± 60 Minuten nicht überschreiten.“ [12] 

Die „Regeln für die Bewertung und Prüfung von Meßwandlern“ des VDE von 1922 fordern bei Stromwandlern mit Klasse H, dass bei Bürden zwischen null und Nennbürde und einem sekundären Leistungsfaktor von 1,0 der Stromfehler bei primärseitigem Nennstrom den Betrag von ±5 % nicht überschreiten, vom 10-fachen Nennstrom ab soll der Sekundärstrom gegenüber dem aus der Übersetzung errechneten stark abfallen. Dagegen darf der Stromfehler zusätzlich bei 40-fachen Nennstrom ±10 % nicht überschreiten. Die Begriffe „Überstromziffer“ und „Nennüberstromziffer“ wurden zum ersten Mal in den VDE-Wandlerregeln von 1932 gebraucht. Aus der Überstromkennziffern wurde dann der Bemessungs-Genauigkeits-Grenzfaktor KIr und jetzt Genauigkeitsgrenzfaktor ALF (Accuracy Limit Factor).

Bürde und Nennbürde waren dagegen schon in den VDE-Wandlerregeln von 1922 enthalten. Sie wurden in Anlehnung an einen amerikanischen Ausdruck gewählt. [13] Für den durch unterschiedliches Wandlerverhalten und ungleiche Bürde entstehenden Nullstrom prägte man 1927 den Begriff „Falschstrom“. [6] Im Jahre 1909 verfasste G. Keinath die erste Doktorarbeit auf dem Gebiet der Messwandler. [6] In den 50er Jahren wurden nach einer Absprache mit den Herstellern Wandler der Reihen 10 bis 30 innerhalb einer Spannungsreihe mit gleichen Anschluss- und Befestigungsmaßen ausgestattet. [14]

FERTIGUNG VON GIESSHARZWANDLERN FÜR DIE MITTELSPANNUNG

Nachdem in den Kriegs- und Nachkriegsjahren die Entwicklungsarbeiten zum Stillstand gekommen waren, wurde 1953 bei AEG mit Hilfe neuer synthetischer Isolierstoffe, dem sogenannten Gießharz auf Äthoxylinbasis, ein- und zweipolige Spannungswandler bis Reihe 30 geschaffen. Die Gießharzisolierung wurde auch für Stromwandler bald angewandt – Abb. 20

Abb. 20 Gießharzisolierte Stromwandler, AEG

Der Vorteil der Gießharzausführung gegenüber der bewährten Porzellanausführung liegt hauptsächlich darin, dass sich infolge der hohen mechanischen Festigkeit des Harzes ein höherer dynamischer Grenzstrom ergibt. Dies war deshalb so wertvoll, weil die durch neue Schutzrelais ermöglichten kurzen Fehlerklärungszeiten die thermische Beanspruchung gegenüber der dynamischen etwas zurücktreten lassen. [5] 1947 fertigte Pfiffner erste kunstharzvergossene Wandler. [15]

NICHTKONVENTIONELLE STROM- UND SPANNUNGSWANDLER

In Abb. 21 sind die Messprinzipien konventioneller und nichtkonventioneller Stromwandler [16] zusammengestellt. Abb. 21a zeigt den konventionellen induktiven Stromwandler, wie er auch heute noch als Standardlösung in 50- bzw. 60-Hz-Elektroenergieübertragungs- und Verteilungsanlagen sowie 16 2/3-Bahnanlagen gilt. Ein Messprinzip, welches auch die Gleichstrommessung gestattet, benutzt den Hall-Effekt – Abb. 21b. Auch hier wird die magnetische Flussdichte um den stromdurchflossenen Primärleiter analog dem konventionellen Wandler in einem Ringkern konzentriert, aber dieser weist einen Luftspalt auf. In dem darin angeordneten Hallsensor übt ein Magnetfeld auf die Ladungsträger eine Kraft aus und erzeugt eine ihm proportionale Spannung, die wiederum einen entsprechenden Sekundärstrom treibt. Der Arbeitsbereich reicht von 0 Hz bis einige kHz. Insbesondere zur Überwachung schneller Vorgänge bei Schalthandlungen oder Störungen eignen sich Spulen ohne Eisenkern, wie z. B. die Rogowski-Spule, Abb. 21c – nach einer Erfindung von Rogowski und Steinhaus im Jahre 1912. Hier wird die Sekundärwicklung unbelastet betrieben. 

Der große Spannungsunterschied zwischen Primär- und Sekundärseite erforderte eine hohe und teurere Isolation. Daher lag es nahe, einen Niederspannungswandler auf Hochspannungspotenzial zu installieren und den Sekundärwert auf nicht elektrischem Wege zum Erdpotenzial zu übertragen. Das analoge Ausgangssignal eines konventionellen Stromwandlers wird digitalisiert und dann über einen Lichtwellenleiter (LWL) zum Erdpotenzial gebracht, dekodiert und dann digital oder analog angezeigt – Abb. 21d. Anstelle des Stromwandlers können auch Stromsensoren verwendet werden. Die auf Hochspanungspotenzial befindlichen A/D-Wandler benötigen eine auch bei Netzfehlern vorhandene Hilfsenergie. Es handelt sich also um sogenannte aktive Wandler. In der ersten Entwicklungsphase wurden hierzu kleine Strom- und Spannungswandler auf Hochspannungspotenzial vorgesehen. Der geringer werdende Energiebedarf der elektronischen Bauteile ermöglichte es, die Hilfsenergie auf optischem Wege über LWL vom Erdpotenzial auf das Hochspannungspotenzial zu leiten. Die nicht mehr elektrische, sondern optische Übertragung der Messwerte führte zu der Überlegung, die Information selbst auf optischem Wege zu gewinnen. Beim magneto-optischen Messprinzip – Abb. 21e – dient der LWL nicht nur als Übertragungsmedium, sondern auch als Stromsensor. Beim Faraday-Effekt erfährt die Polarisationsebene durch ein Magnetfeld in Ausbreitungsrichtung der Lichtwelle eine Drehung. Aus der vom Magnetfeld abhängigen Lagedifferenz der Polarisationsebenen von Aus- und Eingang kann die Primärstromstärke ermittelt werden. Die Vorstellung des magneto-optischen Stromwandlers mit Faradaysensor erfolgte 1966. [17][18] 

Abb. 21 Messprinzipien konventioneller und nichtkonventioneller Stromwandler

Bereits im Jahre 1956 wurde aus der UdSSR und 1962 aus den USA über den Einsatz magneto-optischer Verfahren bei der Strommessung in Hochspannungsanlagen berichtet. Der erste Prototyp eines unkonventionellen Stromwandlers für Freiluftanlagen war jedoch im Jahre 1965 ein Gerät mit Pulsfrequenzmodulation und Lichtimpulsübertragung, der Traser. [18] Die ersten aktiven Stromwandler wurden bereits in den 60er Jahren entwickelt. Bei diesem Prinzip ist der Messwertaufnehmer ein gewöhnlicher Stromwandlerkern mit verminderter Isolation. Das Messsignal wird in ein optisches Signal überführt und über einen Lichtwellenleiter an die Auswerteeinheit übertragen. [19]

Die ersten aktiven Stromwandler wurden bereits in den sechziger und siebziger Jahren entwickelt. Beim „Traser“-Wandler – Abb. 22 – wird als Messwertaufnehmer ein gewöhnlicher Stromwandlerkern mit verringerter Isolation verwendet. Das Wandlersignal wird in ein optisches Signal umgewandelt (E/O-Wandlung) und von einem Lichtwellenleiter bzw. einem Faserbündel an die Auswerteeinheit übertragen, wo das Signal in ein elektrisches Signal umgewandelt wird (O/E-Wandlung). Die Sendeelektronik wird sowohl mit elektrischer Energie durch die Hochspannung als auch durch den zu messenden Strom selbst gespeist, damit eine sichere Funktion auch in Schwachlastzeiten oder bei Störfällen gewährleistet ist. [20]

Die Fortschritte bei der Herstellung von Lichtleitern ermöglichten auf einfache Weise eine Messbereichsanpassung an nahezu beliebige Nennströme. Dazu wird der Lichtwellenleiter mehrmals um den stromführenden Hauptleiter gewunden, wobei eine Empfindlichkeitsanpassung über die Windungszahl erreicht wird. Der erste Prototyp eines faseroptischen Stromwandlers wurde 1979 in der Fawley-Station eingesetzt. Mit diesem System wurden Ströme von 10 A bis 14 kA bei einer Messabweichung von 2 % registriert. [20]

Abb. 22 Traser-Stromwandler

Ende der 90er Jahre suchte man nach Lösungen, die Abmessungen der Wandler für die in der Entwicklung befindlichen Mittelspannungsschaltzellen zu verringern. Man erinnerte sich an das 1912 erfundene Prinzip der Rogowski-Spule zur Erfassung des Magnetfeldes eines stromdurchflossenen Leiters mit einer eisenlosen Spule. Die klassischen elektromechanischen Schutzrelais werden durch digitale Geräte ersetzt und somit wird eine neue Umsetzung von Messgrößen im Mikroenergiebereich geschaffen. Abb. 23 zeigt eine Gegenüberstellung eines klassischen Stromwandlers und eines Sensors, wie er bei der gasisolierten Mittelspannungsschaltzelle ZX1, ABB, zum Einsatz gelangte. [21]

Abb. 23

Quellen

1 Katalog der Erzeugnisse der Firmen Siemens & Halske und Siemens-Schuckertwerke im Deutschen Museum zu München, Berlin 1906
2 W. Hermstein, Entwicklungstendenzen im Wandlerbau. In: Elektrizitätswirtschaft 68/1969, S. 246–257
3 A. Imhof, 100 Jahre Messwandler. In: Bull. ASE/ UCS 70/1979, S. 228–236 
4 G. Benischke, Die wissenschaftlichen Grundlagen der Elektrotechnik, Berlin 1918
5 B. Schweder, Forschen und Schaffen. Beiträge der AEG zur Entwicklung der Elektrotechnik bis zum Wiederaufbau nach dem zweiten Weltkrieg, Band 1–3, Hrsg. AEG, Berlin 1965 
6 M. Walter, Strom- und Spannungswandler, München und Berlin 1937 
7 E. Wirtz, Überspannungsschutz bei Stromwandlern. In: ETZ 37/1916, S. 69–70 
8 Buchhold/Happoldt: Elektrische Kraftwerke und Netze, 3. Auflage 1956 
9 Preisliste Schalttafel-Meßgeräte, 11. Teil, Ti. Stromwandler, Te, Td, Ts, Spannungswandler, Hartmann& Braun A.-O., Frankfurt am Main 1921 
10 R. Rüdenberg, Relais und Schutzschaltungen in elektrischen Kraftwerken und Netzen, Berlin 1929
11 Regeln für Klemmenbezeichnungen. In: ETZ 60/1939, S. 511–512
12 I. Goldstein, Die Meßwandler – ihre Theorie und Praxis, Berlin 1928
13 M. Walter, Die Entwicklung der Strom- und Spannungswandler (Messwandler). In: Elektrizitätswirtschaft 65/1966, S. 710–717 
14 H. Krauß, Beiträge des Meßwandlerbaus zur Vereinheitlichung der Schaltanlagen. In: AEG-Mitteilungen 49/1959
15 Meilensteine, PFIFFNER Messwandler AG 
16 H. Seifert; H.-G. Latzel; A. Braun, Nichtkonventionelle Strom- und Spannungswandler. In: PTB-Mitteilungen 112/2002), S. 44-50, September 2002, S. 3-7, Sonderdruck aus H. 1 und 3 
17 A. Braun, 30 Jahre unkonventionelle Messwandler: 1965 bis 1995. In: PTB-Mitteilungen 106/1996, S. 193–199 
18 E. Marx, Hochspannungs-Praktikum, Berlin 1941 
19 G. Balzer, Aufgaben und Entwicklung der Schutztechnik. In: Schutztechnik – heute und morgen, S. 9–30, VDE-Bezirksverein Frankfurt am Main, Arbeitsgemeinschaft vom 4.11. bis 25.11.1996 
20 B. Gimber; H. Kunz; H. Hirsch, Nichtkonventionelle Wandler, Schlüsselkomponenten für die digitale Stationsleittechnik. In: Elektrizitätswirtschaft 90/1991,S. 250-254
21 G. Voß, G. Sensoren zur Strom- und Spannungsmessung in Schaltanlagen. In: ew 100/2001. H.19, S. 34-37

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